250px-Bisphenol A.svgGeschichte
Die britischen Biochemiker Edward Charles Dodds und Wilfrid Lawson suchten 1936 nach Chemikalien mit Östrogenwirkung, weil die Gewinnung aus Urin trächtiger Stuten zu teuer war. Sie behandelten Ratten, denen die Eierstöcke entfernt wurden, mit verschiedenen Chemikalien, und identifizierten Bisphenol A als Substanz mit schwacher östrogener Wirkung. Sie entdeckten jedoch bald darauf weit wirkungsvollere synthetische Östrogene, weshalb Bisphenol A nicht weiter zur Hormontherapie genutzt wurde.

Studien zu gesundheitlichen Gefahren

Eine Studie der University of Michigan (veröffentlicht 2010) an 190 Männern mit Fruchtbarkeitsproblemen ergab keinen statistisch signifikanten Zusammenhang, eine statistische Modellierung deutet auf einen möglichen Zusammenhang hin, der weitere Studien zur Bestätigung erfordert:[17]

In 89 Prozent der Urinproben wurde BPA gefunden.
Bei Männern, die über hohe BPA-Konzentrationen verfügten, konnte man unter anderem eine 23 Prozent geringere Samenkonzentration sowie rund 10 Prozent mehr DNA-Schäden feststellen. Die Werte der Probanden, bei denen nur geringe oder keine BPA-Spuren vorhanden waren, waren deutlich besser.

Neue Studien deuten auf einen Zusammenhang zwischen Diabetes, Herz-Kreislaufproblemen, fehlender Libido oder auch Fettleibigkeit und einem erhöhten BPA-Spiegel im Blut hin.[5][18]

US-Forscher ermittelten eine Steigerung der BPA-Konzentration auf 20,8 Mikrogramm pro Liter im Urin von Testpersonen durch den Konsum von Konservendosen-Suppen, gegenüber der Vergleichsgruppe mit 1,1 Mikrogramm pro Liter.[19] Demnach diffundiert BPA aus der Innenbeschichtung der Dosen in die Nahrung, wird von den Konsumenten verzehrt und aufgenommen und dann über den Urin ausgeschieden.

Bisphenol A ist im Experiment und unter ungünstigen Umweltbedingungen bei Tieren einschließlich Säugetieren ein Xenoestrogen mit estrogenartiger Wirkung (siehe auch Endokrine Disruptoren). So stört es nicht nur die Sexualentwicklung, sondern auch die Gehirnentwicklung bei Mäusen und Vögeln. Männliche Hirschmäuse zeigen nach Behandlung mit Bisphenol A weibliche Verhaltensweisen und werden von weiblichen Artgenossen gemieden.[20]

Eine wissenschaftliche Auswertung von 2010 stellte fest, dass BPA nicht erbgutschädigend ist.[21] Eine Studie an Fabrikarbeitern, die Bisphenol A regelmäßig ausgesetzt sind, verknüpft die Substanz mit Störungen der männlichen Sexualfunktion.[22]

Ein von der WHO einberufenes Expertengremium kam im November 2010 zu dem Schluss, dass in Studien zur Reproduktionstoxizität ein Effekt durch Bisphenol A erst ab einer hohen Dosis auftritt. Unter anderem gemäß Studien zur Neuroentwicklung treten Gefährdungen hingegen bereits ab der von Menschen konsumierten Menge auf. Aufgrund der Unsicherheit bei den Forschungsergebnissen wurden von dem Gremium weitere Forschungen zur Gesundheitsgefährdung empfohlen.[23]

Einer Studie der Universitätsklinik Bonn vom Dezember 2012 folgend kann BPA den Hormonhaushalt beeinflussen sowie Enzyme und Transportproteine in ihrer Funktion beeinträchtigen. Durch Experimente an Gewebeproben von Mäusen und Menschen konnte festgestellt werden, dass BPA für die Zellfunktion wichtige Calcium-Kanäle in der Zellmembran reversibel blockiert.[24]
Behördliche Regulierung
Europäische Union

Die Europäische Kommission kam in ihrer Risikobewertung von 2003, als BPA im Rahmen der EU-Altstoffverordnung 793/93 auf mögliche Risiken für Mensch und Umwelt untersucht worden war, zu dem Ergebnis, dass bei sachgemäßer Verwendung von BPA keine Gefährdung für die Verbraucher ausgehe. Auch die im Juni 2008 veröffentlichte Aktualisierung der Bewertung wiederholt diese Auffassung.[25] Gegenwärtig gebe es keinen Bedarf an Maßnahmen zur Verringerung der Exposition, auch nicht an weiteren Untersuchungen.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) setzte bis 2006 für BPA einen Grenzwert von 10 µg pro kg Körpergewicht und pro Tag. In ihrer im Januar 2007 veröffentlichten aktualisierten Bewertung von BPA berücksichtigte die EFSA rund 200 Studien und Übersichtsartikel, die seit ihrer ersten Bewertung (2002) erschienen waren, inklusive einer umfangreichen „Zwei-Generationen-Studie" („Two-Generation... Study") mit Mäusen.[26] Auf Basis der vorliegenden Daten hat die EFSA den Grenzwert auf 50 µg/kg pro Tag angehoben, entsprechend einem spezifischen Migrationswert von 3 mg/kg.[27][28] Der Migrationswert – er legt fest, wie viel BPA ein Lebensmittel durch den Kontakt mit der Verpackung aufnehmen darf – lag gemäß der Bedarfsgegenständeverordnung (BedGgstV) von 1992 bei 0,6 mg pro kg Lebensmittel.[29]

Im Juli 2008 blieb die EFSA[28][30][31] in Bezug auf Lebensmittelkontaktanwendungen bei ihrer Auffassung, dass auf BPA basierende Polycarbonat- und Epoxidharz-Produkte im Lebensmittelkontakt bei vorgesehenem Gebrauch für alle Altersgruppen sicher seien. Unabhängig davon wurde BPA bisher in der EU-Chemikalienverordnung REACH nicht als besonders besorgniserregend gelistet.[32]

Im September 2010 aktualisierte die EFSA die Stellungnahme zum Bisphenol A, wobei aktuelle Studien sowie Entscheidungen der dänischen Behörden berücksichtigt wurden. Der TDI wurde nicht geändert.[33] Diese Entscheidung der EFSA wurde als industrienah kritisiert (siehe auch: EFSA: Kritik).

Am 26. November 2010 gab der „Ständige Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit" der EU bekannt, dass ab 1. März 2011 die Produktion und ab 1. Juni 2011 der Verkauf von Babyflaschen aus Polycarbonat, die BPA enthalten, in der EU verboten ist. Die Hersteller hatten Säuglingsflaschen, die BPA enthalten, bereits freiwillig vom Markt genommen.[34][35]

Im April 2012 gab die EFSA bekannt, dass eine vollständige Neubewertung von Bisphenol A begonnen wird. Die Bewertung soll im Mai 2013 abgeschlossen werden.[36]


Deutschland

BPA wurde im Hausstaub erstmals in einer 2001 veröffentlichten norddeutschen Studie in Konzentration bis über 10 mg/kg nachgewiesen.[37] Mittlerweile wird in manchen Suchtests auf Wohngifte routinemäßig auf BPA untersucht.[38]

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), die in Deutschland zuständige Fachbehörde für die Bewertung von Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz, hat im Herbst 2008 als Reaktion auf Medienberichte zu neuen Studien mitgeteilt: „Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat geprüft, ob die Studien Erkenntnisse liefern, die eine Änderung der gesundheitlichen Risikobewertung erforderlich machen. Das Institut sieht unter Berücksichtigung der Daten aus beiden Studien keinen Anlass, die bisherige Risikobewertung für Bisphenol A zu ändern. Wird die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) 2007 festgelegte tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI) von 0,05 Milligramm Bisphenol A pro Kilogramm Körpergewicht eingehalten, besteht für Verbraucher kein gesundheitliches Risiko."[39]

Das Umweltbundesamt, das bereits 2001 das Entfernen von BPA aus Babyflaschen und Lebensmitteldosen gefordert hatte,[40][41] ist allerdings weiterhin anderer Ansicht und hat 2009 erneut vor BPA gewarnt und den bestehenden EU-Grenzwert als zu hoch bezeichnet.[42]

Im Juli 2010 hat das Umweltbundesamt eine Informationsbroschüre veröffentlicht, in der festgehalten wird, dass es vorsorglich die Verwendung BPA-haltiger Produkte beschränken will. Im Kontext der REACH-Verordnung will das Umweltbundesamt die Risikobewertung von BPA überprüfen.[5]

Zum 1. März 2011 hat das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz den Stoff im Zusammenhang mit Babyflaschen verboten, der Abverkauf bereits hergestellter Fläschchen mit diesem Stoff war bis Ende Mai 2011 gestattet.[43]

Deutschland hat im Rahmen der europäischen Chemikaliengesetzgebung REACH u. a. Bisphenol A bewertet. Die Stoffbewertung begann am 1. März 2012 und wurde zum 28. Februar 2013 abgeschlossen

Quelle: Wikipedia

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ARTE

efsa Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit

Bundesinstutut für Risikobewertung